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Von draußen nach drinnen

Noch vor zehn Jahren war die Schweiz ein echtes Hanfparadies mit mittlerweile legendären ‚Duftsäckli-Lädli‘ und blühenden Hanffeldern wohin das Auge blickte. Doch nach Ablehnung der Hanf-Initiative und der Revision des Schweizer Betäubungsmittelgesetzes ist von der einstigen Hanf-Herrlichkeit nicht mehr viel übrig geblieben.

Geringe Mengen und der Konsum werden in der Schweiz zwar nur als Ordnungswidrigkeit mit 100 Franken bestraft, doch die Weitergabe und auch der  Anbau von ein paar Pflanzen sind genauso verboten wie in Deutschland; auch Hanfsamen sind nicht mehr frei handelbar. Doch die Schweizer Hanfkultur ist nicht etwa verschwunden, sie blüht jetzt umso heller im illegalisierten Untergrund. Wo einst blühende Felder den Bedarf eines ganzes Volkes deckten, sind Homebox&Co jetzt, genau wie in den meisten EU-Ländern, die Grundlage für die Deckung des schweizweiten Hanfbedarfs. Der wiederum ist mit wachsender Repression nicht gesunken, die Schweiz ist nach wie vor eines der Länder mit dem höchsten Kifferanteil in Europa. Das beweist nicht nur die erste Hanfmesse des Kontinents, die Cannatrade, alle zwei Jahre auf’s Neue. Auch in diesem Jahr trafen sich in der Dietikoner Stadthalle wieder über 100 Aussteller und rund 7.700 Besucher, um die neuesten Entwicklungen der Schweizer Hanfszene zu bewundern.

Hatte man bis 2010 auf der Cannatrade noch viele Outdoor-Grower treffen können, hat sich schon vor zwei Jahren herauskristallisiert, dass sich selbst Kleinstbauern in Zukunft verstecken müssen. So ist auch auf der familiären Messe vor den Toren Zürichs der Trend hin zum heimischen Minigrowzu beobachten. Die neue Extraktionswelle schwappt aus den USA und Spanien zu den Eidgenossen über, konnte man doch an vielen Ständen Silikonschalen und -dosen, Extraktoren oder Öl-Bubbler bewundern. Im Growbereich wurde das Rad allerdings immer noch nicht neu erfunden und so besteht das beliebteste, weil effektivste Setup auch in der Schweiz immer noch aus NDL-Leuchtmitteln, digitalen Vorschaltgeräten und Aktivkohlefiltern, nicht aus LEDs und Ionen-Neutralisator. Auf dem Gebiet der Geruchsneutralisation hat sich einiges getan, was als zusätzliche Absicherung des Raums sicher sehr empfehlenswert ist, auf den guten alten Aktivkohlefilter sollte man jedoch trotzdem nie verzichten. Die Schweizer Tüftler von CarbonActive haben jetzt sogar zwei Filter unterschiedlicher Bauart zu einem Abluftsystem kombiniert, das auch beim Aus- oder Abfall eines Filters noch überzeugend arbeitet. Neben den zahlreichen Ausstellern haben der Nachtschattenverlag, DEA.tv und Exzessivdas Magazin Vorträge und Diskussionen zu den Themen ‚Cannabis als Medizin‘ und ‚Regulierung des Cannabismarkts’organisiert, moderiert und begleitet, welche auf sehr reges Interesse der zahlreichen Besucher stießen. Nach drei Tagen Cannatrade war selbst den anwesenden Beamten in Uniform oder Zivil klar, dass die Schweizer sich durch die Revision ihres BtmGe nie davon abhalten lassen werden, Hanf anzupflanzen.

Natürlich wollte ich die Schweiz nicht verlassen, ohne Euch ein paar echte Schweizer Hanfpflanzen zu zeigen. Deshalb habe ich mich auf der Messe einmal umgeschaut, ob mir nicht ein eidgenössischer Grower Einblick in sein verbotenes Hobby gewährt. Die erste Kontaktaufnahme erfolgte in der Chill-out-Area in Form von zwei Edelweiß-Tütchen, die mir ein befreundeter Schweizer zuvor selbstlos überlassen hatte. Ich kam schnell mit einer illustren Runde ins Gespräch, deren beiden Wortführer sich nicht gerade Mühe gaben so zu tun, als würden sie Tomaten anpflanzen. Einer der beiden – Urs* – bot mir dann auch gleich an, nach Ende des Messetages einen kurzen Abstecher in seine Zürcher Wohnung zu unternehmen. Nach einer kurzen S-Bahn-Fahrt und fünf Minuten Fußweg stehe ich in der Küche von Urs und lasse mir noch einmal in Ruhe die Eckdaten seines Grows erläutern, bevor er mir seine Pflanzen in voller Pracht präsentiert.