Bedienungseinleitungen-(01)

Über die Folgen falsch übersetzter oder komplett fehlender Bedienungsanleitungen

Neulich wollte ich einen Freund beim Kauf eines Ec-Meters beraten. Ich habe ihm geraten, vor dem Kauf die Bediengsanleitungen zu studieren, um zu sehen, ob die Kalibrierung einfach oder kompliziert ist. Bei vielen günstigeren, aber leider auch bei dem ein oder hochpreisigen Geräten, findet man als Gebrauchanweisung dann so etwas: Leitfähigkeit Tester und Anzeige der Ergebnisse MilliSiemens pro Zentimeter (ms / cm). Der Zähler der Elektrode und Körper-Verbindung sind dicht und sicher verschlossen, um die 100% Genauigkeit der Messungen oder Messungen, die nur tauchen Meter halb der Spitze des Sensors oder bis zur Mitte des Körpers aus dem Sensorspitze.

Wenn die Gebrauchsanweisung oder auch nur die Produktbeschreibung eines Ec-Meters für immerhin 40 Euro schon so anfängt, weiß man, dass es dem Hersteller oder dem Importeur total egal ist, ob der Kunde zufrieden ist und das Gerät überhaupt unter Zuhilfenahme der Gebrauchsanweisung eingestellt bekommt. Ebenso häufig kommt es vor, dass ein Importeur einer brandheißen Neuentwicklung vor lauter Eile, den Markt zu erobern, sich keine Zeit nimmt, die Anleitung zu übersetzen, im besten Falle hat man dann eine englische oder französische, manchmal besteht das kleine Zettelchen aber auch nur aus unlesbaren asiatischen Schriftzeichen. Leider beschränkt sich dieses Phänomen nicht auf nur Messgeräte oder andere Elektronik-Artikel aus Fernost, sondern ist bei Importware ein häufig auftretendes, lästiges Phänomen der Globalisierung.

Geht man in ein Elektro- oder Haushaltswarengeschäft und kauft irgendein Produkt, sollte es heutzutage eigentlich selbstverständlich sein, dass die Bedienungsanleitung so formuliert ist, dass man wenigstens grob weiß, wofür man es gebrauchen kann und wie man es montiert, ohne den Nutzen einzuschränken oder sich gar selbst zu gefährden.
Die Schäden, die durch falsch montierte Geräte beim homegrowing verursacht werden können, sind meist viel weitreichender als die eines defekten Elektro-Kleingeräts im Haushalt. Ich meine auch, dass besonders die Hersteller hochwertiger Produkte sich nicht nur auf eine halbwegs gut übersetzte Bedienungsanleitung beschränken sollten, sondern im Sinne der Kunden dazu verpflichtet sind, die besonderen Vorzüge des Gerätes entsprechend detailliert zu beschreiben. Das ist leider im Growing-Bereich nicht immer so, hier setzen sich Qualitätsstandards für Endverbraucher, wie sie in andern Bereichen üblich sind, gerade erst durch. Der Hauptgrund hierfür: Bei Grow-Equipment handelt es sich fast ausschließlich um so genannte „Industrieware“, also Produkte, die eigentlich für andere Zwecke als die Pflanzenzucht von Handwerksbetrieben oder andere Firmen montiert und fertig eingebaut an den Kunden weitergebe werden.

Doch gerade „grow- spezifische“ Weiterentwicklungen haben manchmal Bedienungsanleitungen, die das Papier auf dem sie gedruckt sind nicht wert sind. Oder eben gar keine.

Auch kleine Hinweise, wie der „Off-Label“-Use von Produkten, die nicht ausschließlich zum Growen genutzt werden, erleichtert wird, sind sehr selten.

Ein Beispiel: Ein kleiner Hinweis auf dem Leuchtmittel, das ein regelmäßiges Abstauben empfiehlt, würde so manch unerfahrenem Grower durchaus ein paar Lumen mehr bringen und die Lebensdauer der „Birne“ verlängern. Oder auch ein kurzer Hinweis auf Filtern, dass aufgrund der höheren Luftfeuchtigkeit für vegetative Räume ausschließlich Filter mit hochwertiger Kohle genutzt werden sollten, findet man nur bei den ambitioniertesten Shops, obwohl solche Kleinigkeiten immens wichtig sind und zur Grundausbildung eines jeden Growshoppers gehören sollten. Ein besonders anschauliches Beispiel, wie man aufgrund mangelnder Information das Potential eines an sich hervorragenden Produkts nicht voll ausnutzt, ist der Adjust-a-Wings. Dieser in Australien entwickelte Reflektor wurde für Hobbygärtner entwickelt, die sich mit ganz anderen Temperaturproblemen herumärgern müssen als mitteleuropäische Grower. Allerdings weist dieser High-End Reflektor noch ein paar andere Vorzüge auf, von denen die Growergemeinde auf dem alten Kontinent bisher wenig mitbekommen hat. Denn der Adjust-a-Wings vermeidet oder verlagert nicht nur den befürchteten Hotspot und verhindert aufgrund seiner Flügelform einen Hitzestau unterm Reflektor. Er kann, je nach Flügel- und Höheneinstellung der Fassung und Stellung des Hitzeschilds (Spreader), den Lichteinfallswinkel verändern. Auch kann durch viele verschiedene Einstellmöglichkeiten die zu beleuchtende Fläche variiert werden, was bei kleinen Räumen die Lichtausbeute optimiert und bei großen Räumen sogar die Lampenanzahl und somit den Stromverbrauch reduzieren kann. Damit ihr all die Vorteile, die ein solch hochwertiger, aber nicht gerade billiger Reflektor bietet, voll ausnutzen könnt, haben wir ein bisschen recherchiert und mit Hilfe und freundlicher Unterstützung der Kaya Foundation aus Berlin die Bedienungsanleitung erstellt, wie sie bis heute leider nicht im Karton liegt.

Zu Anfang der vegetativen Phase wird der Reflektor relativ hoch und ohne Hitzeschild über den Pflanzen aufgehangen (siehe Tabelle). Die Spannweite der Flügel wird auf „schmal“ eingestellt. So werden für die Pflanzen Frühjahrsbedingungen simuliert. In der Vorblüte, also sobald die Pflanzen anfangen, sich zu strecken und Blütenansätze zu bilden, wird die Reflektorenspannweite auf „breiter“ geändert und der Spreader montiert. Der Abstand des Leuchtmittels zu den Pflanzen wird schrittweise gesenkt. Das wärmere, intensivere Licht simuliert wie in der Natur sommerliche Bedingungen. Wenn das Längenwachstum aufhört und die Blüten anfangen, an Größe zuzulegen, wird der Reflektor schrittweise wieder höher gehangen. Ebenso wird die Spannweite sukzessive wieder auf „schmal“ reduziert, das Hitzeschild bleibt jedoch bis zum Ende des Zyklus.
So werden herbstliche Bedingungen simuliert, wodurch die Hormonproduktion und somit die Bildung dicker, gehaltvoller Blüten angeregt wird.

Wer gar keinen Spreader benutzt, sollte auch bei den obigen Angaben zum Abstand vorsichtig sein, die Angaben unserer australischen Kollegen beziehen sich auf den minimalen Abstand, beim Gebrauch ohne Spreader sollte anfangs zu den Angaben noch ein Sicherheitspuffer von fünf bis zehn Zentimetern hinzugerechnet werden. Treten hierbei keine Verbrennungserscheinungen auf, so kann der Abstand wie oben beschrieben verringert werden. Um das volle Potential des Reflektors voll ausschöpfen zu können, ist der Einsatz eines Spreaders jedoch unausweichlich. Der Hitzeschild wird zwei bis fünf Millimeter unter dem Leuchtmittel angebracht und so gebogen, dass er genau parallel zur Entladungslampe liegt. Die Position der Fassung ist für das „Feintuning“ verantwortlich und dient der optimalen Ausleuchtung und der Anpassung an verschieden proportionierte Anbauflächen.

Eine einfache Faustregel hierfür ist: Der Lichtkegel sollte am Rand des Raums genauso hoch wie die Unterkante des Reflektors sein, weshalb mit jeder Änderung von Spannweite oder vom Abstand zu den Pflanzen auch hier eine Anpassung notwendig ist.

Last but not least: Wird ein Adjust-a-Wings im Muttiraum oder der vegetativen Phase genutzt, so sollte nie ein Spreader verwendet werden.

Der fehlende Hotspot ermöglicht den geringen Abstand. Das wiederum ist der eigentliche Grund, weshalb der Wings so gut funktioniert, denn je mehr Licht die Pflanzen aufnehmen können, desto mehr Nährstoffe können sie verwerten. Man kann sogar sehen, dass der Nährstoffbedarf und der Abstand der Pflanzen zur Lampe eng miteinander verknüpft sind, denn in Phasen des geringsten Abstands steigt der Nährstoffbedarf stark an, sobald die Position nach oben verändert wird, sinkt dieser wieder ab.
Die Gartenarbeit mit einem Adjust-a-Wings ist, wie alles im Indoorbereich, auch Erfahrungssache. Ein ambitionierter Kleingärtner wird mit der Zeit ein Gefühl dafür entwickeln, an welchen Tagen eine Änderung der Position von Flügeln oder des gesamtem Reflektors sinnvoll ist und so nach und nach die volle Kraft dieses von echten Meistern ihres Fachs entwickelten Tools zu nutzen wissen.

Die Redaktion dankt der Kaya Foundation, die es uns durch den ambitionierten Einsatz ihrer Mitarbeiter erst ermöglicht hat, die technischen Informationen unter viel Zeitaufwand zusammenzutragen.