Outdoor-2012-(02)

Gute Zeiten für Freiluft-Grower

Die Freiluftsaison steht wieder vor der Tür. Sobald es draußen milder wird und die Sonnenstrahlen das Grower-Herz und die Natur erwärmen, fühlen wieder viele den starken Anreiz, einige Pflänzchen nach draußen zu setzen, auf den Balkon, in den Garten oder in die freie Natur.


Es sind gute Zeiten für Freiluft-Grower. Outdoor-Sorten gibt es reichlich, und das Erscheinen von diversen Autoflowering-Sorten auf dem Samenmarkt hat das breite Spektrum der Anbaumöglichkeiten noch weiter ausgedehnt. Doch gerade in Ballungsräumen wird es für Grower immer schwieriger, in der freien Natur einen geeigneten, gut versteckten Platz für die Outdoor-Kultivierung zu finden. Die potenzielle Anwesenheit von Förstern, Landwirten, Spaziergängern und Outdoor-Sportlern bedeutet fast überall die gesamte Saison über hinweg Entdeckungsgefahr. Dazu kommt, dass durch viele entsprechende Berichte in diversen Medien und die Omnipräsenz des Internets das Aussehen der Hanfpflanze heutzutage sehr viel mehr Menschen vertraut ist als noch in den 1960er, 70er oder 80er Jahren. Deshalb ist eine gute Tarnung von Hanfpflanzungen in der freien Natur das A&O, Guerilla-Growing heißt das Zauberwort.

Im Freiland angebaute Pflanzen sollten also in direkter Nachbarschaft mit anderer Vegetation stehen, damit sie nicht unmittelbar ins Auge stechen. Als umgebende Pflanzen empfehlen sich z. B. dichte hochwachsende Brennnesselbestände, wilder Hopfen (besonders geeignet wegen Hanf-ähnlicher Blattform), oder – im heimischen Garten – Bambus, der besonders zu Sativa-Sorten mit hellgrüner Blattfarbe passt. Lichtungen in schwer zugänglichen Wäldern werden ebenfalls gern als Fläche für eine Hanfkultur genutzt. Hohe Dornengewächse können eine Art Schutzwall bilden. Insgesamt gilt, je unzugänglicher ein Anbauort in der freien Natur ist, desto besser. Zudem greift das Verteilungsgesetz: Große Pflanzungen an einem Ort sind immer riskant, deswegen fahren die meisten Grower die Strategie, ihre Pflanzen auf mehrere Locations zu verteilen und dort jeweils nur ein bis drei Pflanzen stehen zu haben. Fliegt eine der Locations auf, bleiben immer noch die anderen.

Klar ist auch: Je kleiner die Pflanzen, desto geringer ihre Sichtbarkeit aus der Ferne, desto besser die Tarnung. Die Pflanzengröße hängt zum einen natürlich vom Zeitpunkt des Beginns der Kultur ab, zum anderen aber auch von der Sortenwahl. Ausgewachsene Outdoor-Indicas werden in der Regel voll ausgewachsen 1,5-2,5 m hoch, manche Sativas dagegen, bei langer Wachstumszeit, theoretisch bis über 4 Meter. Solche weitverzweigenden Riesenpflanzen stehen eigentlich nur in einer sehr gut windgeschützten Lage gänzlich sicher, ansonsten droht Windbruchgefahr. Indica-Sorten besitzen aufgrund ihrer Herkunft (überwiegend Afghanistan) meist eine höhere Kältetoleranz als die aus tropischen Gebieten stammenden Sativas. In Gegenden, in denen die herbstliche Nachtkälte besonders früh einsetzt, kommen Indica-Sorten daher besser zurecht als Sativas. Auch sind die Licht- und Wasserversorgungsansprüche von Indicas deutlich geringer. Obwohl durch gezielte züchterische Selektion auch die Schimmelresistenz der kompakt-dichten Indica-Blütenstände von vielen Züchtern verbessert wurde, sind Sativa-Buds aufgrund ihrer luftiger angelegten Blütenstruktur in dieser Hinsicht stets unempfindlicher. Wer also in einer Gegend mit kühleren Temperaturen und viel Niederschlag wohnt, wird wohl eher auf Sativa- als auf Indica-Genetik setzen.

Das Risiko der Entdeckung einer Outdoor-Pflanzung kann noch weiter reduziert werden, indem man bei den Pflanzen (vor allem hochwachsenden Sativa-Sorten) zu einem frühen Zeitpunkt, wenn sie einige Internodien aufweisen, die Triebspitze abschneidet. Dadurch setzt eine breitere Verzweigung ein und die Pflanzen bleiben flachwüchsiger, vor allem, wenn man die Beschneidungsprozedur in der vegetativen Phase noch 1-2 mal wiederholt, die oberen Triebe später nochmals beschneidet. Sobald die Blüte eingesetzt hat, sollte man die Pflanzen auf keinen Fall mehr beschneiden. Wenn man ein noch flacheres, buschigeres Wachstumsmodell erreichen will, kann man die Triebe zusätzlich auch noch herunterbinden. Beide Methoden, Beschneiden und Herunterbinden, zu kombinieren, macht aber wohl nur bei großen Pflanzen mit langer Wachstumsphase Sinn, also solchen, die bereits in einem Zeitraum von Ende April bis Anfang Juni in die Freilanderde gesetzt wurden. Manche Grower praktizieren auch nur das Herunterbinden, dann meist kurz vor Einsetzen der Blüte, indem sie den Haupttrieb nach unten herunterbinden. Da es im Freiland keine festen Flächen gibt, an denen man den zum Herunterbinden benötigten Bindfaden befestigen könnte, muss man stattdessen Holzpflöcke in den Boden treiben. Der Haupttrieb, und gegebenenfalls auch die oberen Seitentriebe werden durch das Herunterbinden in eine horizontale Position gebracht, oder noch weiter nach unten abgewinkelt. Man muss dabei aber aufpassen, dass die Biegefähigkeit der Triebe nicht überstrapaziert wird, man sollte noch etwas Luft bis zum „Knackpunkt“ lassen.

Neben der angestrebten Pflanzengröße und entsprechenden Tarnungsmöglichkeiten ist die jeweilige Sonneneinstrahlung vor Ort ein weiterer zentraler Aspekt bei der Wahl einer guten Location. Die Sonne – der beste Freund des Growers. Gegen die natürliche Sonne sieht jede Indoor-Lampe blass aus. Sie ist kostenlos und unvergleichlich strahlungsintensiv. Die Globalstrahlung der Sonne in Deutschland kann bis über 1.000 W/m2 betragen! (Unter Globalstrahlung versteht man die auf einen waagerecht gelegenen Quadratmeter Erdoberfläche auftreffende Sonnenenergie). 1.000 Watt pro Quadratmeter – für Indoor-Grower ein astronomischer, aber auch ein absurder Wert, denn er würde die Lichtverwertungskapazität der Pflanzen deutlich übersteigen. Bei klarem bis leicht diffusem Himmel beträgt die Globalstrahlung im Sommer 600-1000 W/m2, bei leichter bis mittlerer Bewölkung 300-600 W/m2 und bei stark bewölktem Himmel immerhin noch 100-300 W/m2.

Potenziell vier Sonnenstunden täglich sollten es für moderate Blütenbildung wenigstens sein, bei dieser Mindestmenge kann man das Potenzial der Pflanzen jedoch bei weitem nicht ausreizen, denn der Ertrag steigt proportional zur Sonnenscheindauer, bei 7-8 Stunden Sonne kann man pro Pflanze bei einer früh im Jahr begonnenen Kultur in den Pfund-Bereich kommen, und bei mehr als acht Sonnenstunden ist sogar noch mehr möglich – dies alles natürlich in Abhängigkeit von der jeweiligen Sorte und Pflanzengröße sowie den konkreten Anbaubedingungen (Klima, Bodenverhältnisse, Pflanzenernährung etc.). Wenn man eine Balkonkultur praktiziert, lassen sich auf einer schattigen Nordseite wegen der fehlenden Sonneneinstrahlung meist nur einige Grämmchen von spindeldürren Buds ernten, die den Aufwand eigentlich nicht wert sind. Der Balkonanbau lohnt also nur, wenn eine Südost-, Südwest- oder im Optimalfall volle Süd-Ausrichtung gegeben ist. Glücklich ist derjenige, dem keiner auf den Balkon gucken kann, der hier auf Tarnmaßnahmen also weitgehend verzichten kann.

Gibt es direkte oder in der Nähe befindliche Nachbarbalkone, ist neben der Optik auch Geruch ein Thema, man sollte dann Sorten verwenden, die bekannt dafür sind, keinen besonders starken Duft zu verströmen. Indicas riechen zumindest in der Wachstumsphase meist deutlich intensiver und würziger als Sativa-Sorten. Wer bei der Tarnung auf dem Balkon ganz auf Nummer sicher gehen will, kann seine Plflanzen mit milchiger Folie oder Vliesgewebe (Lichtdurchlässigkeit: 70-75 %) tarnen. Dies bedeutet zwar eine etwas verringerte Lichtintensität, aber wenn im Sommer die Sonne scheint, ist dies praktisch irrelevant, denn die geballte Intensität des Sommersonnenlichts können die Pflanzen ohnehin nicht zur Gänze verwerten. Wenn man aber z. B. sehr früh im Jahr auf dem Balkon eine schnelle Autoflowering-Kultur startet, fällt die Anwesenheit solcher Abschirmmaterialien eher ins Gewicht, weil die Sonneneinstrahlung dann noch nicht so intensiv ist. Man spannt z. B. die Folie oder das Vlies vom Balkongeländer bis zur Wand, um einen Teil des Balkons abzuschirmen. Dann allerdings müssen die Pflanzen in jedem Fall sehr kompakt und flach gehalten werden, bei regulären, Nicht-Autoflowering-Sorten (Autoflowering-Sorten bleiben in der Regel ohnehin recht klein) mithilfe der oben beschriebenen Methoden. Bei einem freistehenden Balkon ohne Dach empfiehlt sich die Abschirmung der Pflanzen mit Folie oder Vlies vor allem auch wegen des Regenschutzes.
Meist kommt man auf dem Balkon bei der Bewässerung mit der Gießkanne gut aus. Will man aber auch an heißen Wochenenden mal verreisen und hat keinen verlässlichen „Gießfreund“, muss man die Wasserversorgung auf andere Weise sicherstellen, z. B. mit einer automatischen Tropfbewässerung. Auf jeden Fall Balkonpflanzen immer in großen Töpfen anbauen, damit sie bei Abwesenheit von einem möglichst großen Feuchtigkeitsvolumen im Boden zehren können.

Je länger die Kulturzeit, desto größer die Pflanzen und desto größer muss natürlich der Topf sein, um den Wurzeln ausreichend Platz zu bieten. Reguläre Sorten, die schon im Frühjahr auf dem Balkon gestartet werden und dann erst im Herbst blühen, benötigen je nach ihrer Wüchsigkeit Topfvolumen von mindestens 20 Liter, manche Leute verwenden auch große Kübel mit über 30 Liter Volumen. Kleine Autoflowering-Plants dürften dagegen wohl bereits mit 6-10 Liter-Töpfen gut auskommen.

In der freien Natur wird die jeweilige Erde an der Pflanzstelle besser gänzlich entfernt, da sie fast immer zu tonig, nährstoffarm oder sauer ist. In die entstandenen Löcher (für große Pflanzen mindestens 60 x 60 cm) wird dann Grow- oder geeignete Blumenerde gefüllt. Ein luftiges, sauerstoffreiches Wurzelmilieu ist bei der Hanfkultur äußerst wichtig. Eine gut belüftete, porenreiche Bodenstruktur bürgt für eine ausreichende Drainage überschüssigen Wassers nach starken Regenfällen oder übertriebenem Gießen. Gegen Staunässe ist Hanf sehr empfindlich, hält dieser Zustand länger an, können die Wurzeln absterben. Eine Decke für die Pflanze: Um die Plants herum Rindenmulch aufzubringen, ist eine segensreiche Sache. Die Erde darunter bleibt warm, locker und feucht. Unkraut wird unterdrückt, prasselnde Gewittergüsse werden von der Mulchdecke abgefangen, wodurch die empfindliche Stängelzone und die Bodenstruktur geschont werden.

Einem samenbasierten Outdoor-Grow im Freiland geht wochenlanges Pre-Growing der Sämlinge im Innenraum voraus, denn sie müssen erst stabilisiert, widerstandsfähig gegen die Elemente der Natur gemacht werden. Die Methode, im Frühjahr einfach Samen ins Freiland zu stecken und blind darauf zu hoffen, dass irgendwie was daraus wird, trägt nur selten Früchte. Man sollte die Plants also ca. drei Wochen innen vorziehen, bevor man sie ins Freiland auspflanzt. Als Lichtquelle reichen einige fluoreszierende Röhren oder eine CFL-Leuchte für kleinere Pflanzungen vollkommen aus. Die meisten Outdoor-Grower setzen ihre Pflanzen nicht vor Mitte Mai nach draußen, denn davor ist die Nachtfrostgefahr allgemein zu hoch, und auch die Umgebungsvegetation hat sich dann meist noch nicht so weit entwickelt, dass sie den Hanfpflanzen genug Sichtschutz bieten könnte. Selbst erst Anfang bis Mitte Juni ausgepflanzte Pflanzenexemplare können am Ende der Saison u. U. noch locker die zwei Meter-Marke knacken. Spätestens in der letzten Woche vor dem Auspflanzen ins Freiland sollte man die Jungpflanzen klimatisch vorbereiten und durch zeitweiliges Rausstellen (tagsüber und nachts) an die Sonnenstrahlung und Nachtkälte nach und nach gewöhnen, indem man sie nach dem ersten Mal immer länger draußen lässt. Ist der Stängel am Auspflanztag noch nicht fest genug, kann die betreffende Pflanze zwecks Stabilisierung tiefer als vorher in das Erdreich eingepflanzt oder aber gestäbt werden. Die Erde nach dem Einpflanzen sorgfältig andrücken, damit keine Absacklöcher entstehen, und dann angießen. Der Tag des Auspflanzens sollte heiter bis wolkig und die Wettervorhersage für die nächsten Tage natürlich auch nicht gerade vernichtend schlecht sein.

Ideal für jeden Outdoor-Grower ist es natürlich, wenn er schon vorher weiß, dass die Pflanzen weiblich werden, und insofern war das Erscheinen feminisierter Outdoor-Samen auf dem Markt ein großer Gewinn. Zudem zeigen die Erfahrungen verschiedener Grower, dass die Neigung feminisierter Samen zu vereinzelter Zwitter- oder gar Männlichkeitsbildung unter natürlichem Licht deutlich geringer ausgeprägt ist als unter Kunstlicht. Ein diesbezügliches Restrisiko bleibt indessen immer bestehen. Ein besonders hohes Maß an Komfort bieten feminisierte Autoflowering-Sorten: Man kann sie zu einer beliebigen Zeit im Frühling oder Sommer einfach raussetzen und dann innerhalb von 2-3 Monaten zur Reife gelangen lassen, unabhängig von der Lichtperiode. Auf diese Weise ist es möglich, pro Freiluftsaison bequem bis zu drei Kultivierungszyklen hintereinander zu durchzuführen.